Man darf die Vergangenheit nicht vergessen, man sollte aus ihr lernen
Am 22.01.2024 teilten Ivan Buterfas-Frankenthal und seine Frau ihre Erinnerungen an den Holocaust mit über 500 Schüler:innen in der Stadthalle Detmold.
Die Veranstaltung fand von 10 bis 11:30 Uhr statt. Einleitend hielt der Detmolder Bürgermeister Herr Hilker eine Rede über unsere Demokratie und bedankte sich anschließend bei Herrn Buterfas-Frankenthal für seine Bereitschaft, vor Detmolder Schüler:innen zu sprechen.
Daraufhin stellte sich Ivan Buterfas-Frankenthal vor. Er wurde 1933 als jüngster Sohn von acht Kindern geboren. Seine Mutter gehörte der christlichen Religion an, sein Vater der jüdischen. Sein Vater wurde ein Jahr später in ein Konzentrationslager deportiert. Im Konzentrationslager erlebte sein Vater das ganze Schrecken der Verfolgung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten: So sah sein Vater, dass die Menschen bei Ankunft im Lager unterteilt wurden. Auf der einen Seite die Alten und Schwachen, auf der anderen die Jungen. Menschen mit Behinderung seien meist sofort erschossen worden und mit Zwillingen habe man grausame Experimente gemacht.
Buterfas-Frankenthal hält regelmäßig Vorträge und teilt seine Erinnerungen mit der Bevölkerung. Bei der Veranstaltung in der Stadthalle präsentierte er Erinnerungsstücke, wie zum Beispiel den Davidstern, den alle Juden ab 1939 tragen mussten oder seinen alten Pass. Für seine Arbeit erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Er berichtete außerdem über die „Nürnberger Rassegesetze“ und deren furchtbare Auswirkungen. Nachdem er eingeschult wurde, dauerte es nur sechs Wochen, bis er nicht mehr zur Schule gehen durfte, weil er von den Nationalsozialisten als „Halb-Jude“ bezeichnet wurde. Der Direktor warf ihn vor den Augen der gesamten Schülerschaft hinaus. Daraufhin wurde er von seinen Klassenkameraden verprügelt und sie hielten ihn über ein Feuer, weil sie sehen wollten, wie lange er es wohl aushalten würde.
Der Zeitzeuge Buterfas-Frankenthal brachte sein Entsetzen darüber zum Ausdruck, wie leicht man Menschen anstiften kann, so grausame Taten zu begehen. In diesem Zusammenhang erzählte er von den Kindersoldaten in Berlin, welche die letzte Hoffnung Hitlers gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen seien. Damit machte Buterfas-Frankenthal deutlich, welchen Irrsinn der Zweite Weltkrieg darstellte, auch für viele deutsche Familien. Während dieser Zeit musste seine Mutter für jedes der Kinder einen Davidstern mit der Aufschrift „Jude“ bei der Gestapo kaufen. Nach und nach wurde den Juden verboten, auf Parkbänken zu sitzen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Zudem wurde sie alle aus dem staatlichen Dienst entlassen und durften keine bezahlte Arbeit mehr verrichten. Dies hatte zur Folge, dass viele hungerten, weil sie kein Geld mehr hatten. Seine Mutter entschloss sich damals, mit ihren Kindern nach Polen zu fliehen, wo sie auf einem Bauernhof Unterschlupf fanden und annähernd frei leben konnten. Nach der Wannseekonferenz, bei der hochrangige NS-Vertreter den Massenmord an den Juden anordneten, wurde Buterfas-Frankenthal staatenlos. Das hieß, er konnte weder in ein anderes Land fliehen noch konnte er das eigene verlassen. Zudem galten ab da keine Rechte mehr für ihn.
Nachdem Hitler besiegt worden war und im weiteren Verlauf der Geschichte der BRD, hätten unter anderem Gastarbeiter dazu beigetragen, Deutschland wieder aufzubauen. An dieser Stelle zog Buterfas-Frankenthal eine Parallele zur Gegenwart und erwähnte, dass wir unseren ausländischen Mitbürger:innen dankbar sein sollten für ihre große Arbeit für Deutschland. Der Zeitzeuge sprach sich deutlich dafür aus, sehr kritisch hinzusehen, wenn es um die Verfolgung von Minderheiten und die Ausgrenzung von Mitbürger:innen geht. So erwähnte er zum Beispiel das geheime Treffen von AFD-Mitgliedern und Neonazis nahe Potsdam im November 2023.
Auch ging Butterfas-Frankenthal auf die Rolle der Polizei zu Zeiten des nationalsozialistischen Terror-Regimes und heutzutage ein: Die Polizei damals sei sehr verstrickt gewesen in die Verfolgung und Ermordung der Juden. Mittlerweile aber hätten wir eine der besten Polizei-Institutionen weltweit. Die Polizisten und Polizist:innen hätten es nicht verdient, beschimpft oder bespuckt zu werden, nur weil sie sich mit ihrem Leben für andere Menschen einsetzten. Buterfas-Frankenthal hält jedes Jahr für die Polizeianwärter:innen im ganzen Land Vorträge.
Zum Schluss seines Vortrags appellierte er an den Bundestag für die Erhaltung der Demokratie sowie an die nächste Generation, die jetzigen Schüler:innen, mit den Worten, dass die Demokratie Gefahr laufe, leise zu verschwinden und nicht laut, man müsse daher genau hinsehen und darauf achten, dass unsere Demokratie erhalten bliebe, sie sei absolut schützenswert. Man dürfe die deutsche Vergangenheit nicht verdrängen und vergessen, man müsse aus ihr lernen.
Was mich beeindruckt hat: Ivan Buterfas-Frankenthal hat ein unfassbar großes historisches Wissen und hat uns seine Erlebnisse mitgeteilt, die fast das ganze 20. Jahrhundert umfassen. Es war sehr spannend und lehrreich, ihm zu lauschen und seine Geschichte zu hören.
Svenja Dietzler, Q1