Langzeitmobilität im Schuljahr 2024-25 in Schweden - Ein Bericht von Jette Hennig
Meine Zeit in Schweden mit Erasmus +

Mal rauskommen, etwas Neues kennenlernen, nicht jeden Tag dasselbe machen, neue Menschen und neue Perspektiven. All das bewegte mich in der 10 Klasse zu dem Wunsch eines Auslandsaufenthalts. Doch wo fängt man da an zu suchen? Dank G9 haben wir Schüler*innen die Möglichkeit in der EF ins Ausland zu gehen ohne zu viel in der Schule zu verpassen. Ich wollte diese Chance nutzen, doch bei der Suche nach einem passenden Auslandsaufenthalt wurde ich mit Angeboten von verschiedensten Organisationen überfordert. Nicht nur die Auswahl an verschiedensten Ländern, sondern auch preisliche Unterschiede waren immens.
Dann bekam ich von der Schule den Hinweis auf das Erasmus + Programm, welches unsere Schule unterstützt. Kriterien hierfür sind, dass das Land, in das man reist, in der EU ist, außerdem muss der Aufenthalt privat organisiert sein. Das heißt ich musste mir eigenständig eine Familie, Schule etc. suchen und An- und Abreise planen. So entschloss ich mich zu einer bekannten Familie zu ziehen, die in der Nähe von Stockholm wohnt. Die Suche nach einer passenden Schule für mich war schwerer als die Suche nach der Familie. Ich wurde häufig abgelehnt, da ich kein Schwedisch konnte. Glück hatte ich dann jedoch mit der Deutschen Schule in Stockholm, die sich freute mich für 5 Monate aufzunehmen. Mit der Unterstützung der Schule wurde ich vom Erasmus + Stipendium angenommen und bekam demnach eine Monatliche Pauschale für das Leben in Stockholm.
Mitte August ging meine lange Reise also los. Ich kam spät abends mit dem Zug am Stockholmer Hauptbahnhof an und wurde herzlichst von meiner Gastschwester und meinem Gastvater begrüßt. Mit seinem Cabriolet fuhren wir durch den Abend bis zu einem Vorort von Stockholm namens Nacka, in welchem ich bis Dezember wohnen würde. Die ersten Tage genoss ich sehr. Der Spätsommer direkt am Meer war wunderschön und auch wenn ich am Anfang mit meiner Gastfamilie nur Englisch sprechen konnte hatten wir ein sehr vertrautes Verhältnis. Wir fuhren oft mit ihrem Motorboot raus, auf den Stockholmer Schärengarten, wo auf einer Insel ein Ferienhaus auf uns wartete. Dort verbrachten wir so manches Wochenende. Die ersten Wochen in der Schule jedoch waren hart. Jeden Morgen musste ich eineinhalb Stunden mit dem Bus zur Schule fahren. In meiner Stufe gab es nur zwei Klassen mit jeweils 17 Schülern. Demnach kannten sich alle sehr gut und es war erstmal schwierig Anschluss zu finden. Auch meine mangelnden Schwedisch Kenntnisse machten mir das Leben schwerer. Doch mit der Zeit konnte ich mich immer mehr in der Stadt zurechtfinden. Ich wurde in einem Volleyballteam aufgenommen und lernte fleißig Schwedisch. So konnte ich mich immer mehr verständigen und es fühlt sich nach ein paar Monaten schon fast an wie ein Zuhause. In der Schule habe ich enge Freunde gefunden und interessante Geschichten kennengelernt. Zwar war ich häufig alleine unterwegs, da im Gegensatz zu meinen Mitschülern, meine Noten für dieses Halbjahr nicht zählten, und ich deshalb nicht viel lernen musste, doch dadurch habe ich viele Erfahrungen gesammelt. Zum Beispiel war ich viel in Museen und habe mich alleine in der Stadt verständigt um mich zurecht zu finden. Ich habe Nacka erkundet und habe viel über die Schwedische Kultur und Geschichte gelernt.
Stockholm ist eine Stadt mit einer außergewöhnlichen Kultur, einer faszinierenden Architektur und Atmosphäre. Zum einen bietet es Museen wie das Vasa Museum, in welchem ein riesiges, fast 400 Jahre altes Schiff namens Vasa steht. Die Vasa sank kurz nach dem sie das erste Mal losfuhr und wurde nach über 300 Jahre aus dem Stockholmer Hafen geborgen. Sie trägt eine interessante historische Geschichte mit sich.
Ähnlichkeiten mit dem LWL Freilichtmuseum hier, hat das Museum Skansen in Stockholm, welches genau wie verschiedenste Kunstmuseen einen Besuch wert war. Diese vielen Museumsbesuche waren für mich erleichtert dadurch, dass in Schweden der Eintritt für Schüler*innen häufig kostenfrei ist.
Stockholm ist eine Stadt direkt am Wasser. Genau genommen ist fast jeder Stadtteil eine kleine Insel. Deshalb führen Straßenbahnen etc. oft über das Wasser, auch die Fähre habe ich oft benutzt um von A nach B zu kommen. Es gibt auch Stellen, an welchen man Baden kann. Dann ist links der Fahrradweg und rechts Sonnen sich Leute und baden im Sonnenuntergang. Doch diese Atmosphäre blieb nicht das ganze Jahr über. Denn spätestens im November wird das Leben in Schweden herausfordernd. Im Vergleich zu Deutschland wird es deutlich früher dunkel und man spürt jeden Tag wie man weniger Sonnenlicht abbekommt. Es wird kalt, regnerisch und windig und ich habe gemerkt wie wichtig es ist, sich diese Zeit so gut zu gestalten wie möglich. Wir haben es uns drinnen gemütlich gemacht, sind in Cafés gegangen, haben gebacken, Kartenspiele gespielt oder unsere Lieblingsserien geschaut. Und so immer zwischen schlechter Laune wegen des Wetters und verfrühter Vorfreude auf Weihnachten gewechselt. Als Nikolaus näherkam, erfuhr ich, dass man den 6. Dezember in Schweden nicht feiert. Deswegen habe ich meinen Gastschwestern erklärt wie die meisten es in Deutschland feiern und am Morgen vom 6. Dezember fanden sie Schokoladen Nikoläuse und kleine Geschenke in ihren Schuhen. Am 13. Dezember folgte dann ein Fest welches ich nicht kannte. In Schweden feiert man Mitte Dezember das Luciafest. Es ist ein Lichterfest, bei dem die heilige Lucia mit einer Kerzenkrone und einem Chor aus weiß gekleideten Kindern Licht in die dunkle Winterzeit bringt. Das Tragen der Kerzenkrone ist anspruchsvoll und riskant. Das Fest wird mit Gesängen, Kerzen und traditionellen Süßigkeiten wie Lussekatter (Safranbrötchen) gefeiert.
Ich persönlich habe gleich drei Lucia Konzerte erleben dürfen. Einmal, das der deutschen Schule Stockholm, welches ein wenig untraditionell gehalten war. Zum Beispiel folgten dem Lucia Chor zwei Weihnachtsmänner mit Feuerlöschern, weil man sich an die Brandschutzordnung halten musste. Dann eines einer Freundin von mir und zum Schluss das meiner Gastschwester. Das Konzert meiner Gastschwester fand ich am beeindruckendsten, da es in der Stockholmer Stadthalle stattfand mit einem großen niveauvollen Chor. Für Schweden ist das Lichterfest Lucia sehr wichtig. Auch ich merkte wie die Kerzen und die Dekoration in jedem Fenster einem die Stimmung erhellten. Durch Sterne in Fenstern und Festen und Traditionen konnte man sich auch diese dunkele Zeit ein wenig romantisieren. Als mein Auslandsaufenthalt zum Ende kam, wurde mir bewusst, wie viel ich gelernt hatte. Mittlerweile konnte ich mich zum Beispiel in Cafés und auf der Straße auf Schwedisch verständigen.
Doch auch wenn ich traurig war, dass eine wunderschöne Zeit in einer anderen Kultur und Familie dann kurz vor Weihnachten vorbei war, so war ich umso glücklicher wieder in gewohnter Umgebung und Sprache zu sein und gleichzeitig unvergessliche Erfahrungen mitbringen zu können.
Jette Hennig, EF, 2025
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