EYP in Tschechien - Demokratie live erleben

“Navigating new horizons”, unter diesem Motto durften fünf Schülerinnen (Alicia Wenzel Q1, Mia Womelsdörfer Q1,…) an der Nationalen Auswahl Konferenz des Tschechischen Europäischen Jugendparlaments teilnehmen.
Was ist das EYP?
Das Europäische Jugendparlament ist eine europaweite Organisation, die in verschiedenen Ländern regionale und nationale Konferenzen für Jugendliche abhält. Ein demokratisches, nachhaltiges, offenes (und noch mehr) Europa soll gefördert werden. Die Organisation wird von ehemaligen Teilnehmern übernommen. Sie entwickeln das Thema, suchen die Stadt aus und organisieren alles, von Verpflegung über Spiele bis hin zu der Beschäftigung der Lehrkräfte.
Teilnehmende Jugendliche, die Delegierten, werden ganz im Sinne des Europäischen Parlaments in Komitees eingeteilt, wo sie sich mit unterschiedlichen Themen und Problemen befassen. Das Ziel ist es, möglichst gute Lösungen zu finden und diese in einer Resolution zu präsentieren. Diese besteht aus einem Aim-Statement, in welchem das grundsätzliche Ziel des Komitees präsentiert wird. Weiter gibt es die sogenannten Because-Clauses. Hier werden die Gründe für die Resolution in acht bis zehn einzelnen Sätzen genannt. Den letzten und wichtigsten Part stellen die By-Clauses dar, welche die Lösungsvorschläge auf die davor genannten Because-Clauses repräsentieren. Hierbei handelt es sich ebenfalls um alleinstehende Sätze, die präsentieren, wie das Komitee dem Parlament vorschlägt mit ihrem Problem umzugehen und es zu lösen.
Am Ende der Konferenz kommen alle Teilnehmenden im sogenannten General Assembly (GA) zusammen. Hier wird über jede Resolution diskutiert und abgestimmt.

Wie wurden wir vorbereitet?
Seit Anfang des Schuljahres standen regelmäßige AG-Treffen mit Frau Kage an, die uns bei jedem Schritt unterstützt hat. Zunächst haben wir uns bei dem deutschen EYP beworben, wurden dann jedoch gefragt, ob wir als Auslandsdelegation nach Liberec in Tschechien fahren können. Unsere Aufgabe bestand unter anderem darin, den Tschechen einen Grund zum Englisch sprechen zu liefern und andere Perspektiven beizusteuern, da neben ein paar Ausnahmen, alle Delegierten aus Tschechien kamen.
Der Anfang
Am Mittwoch, den 26.03.2025, ging es los. Nachdem die erste Zugverbindung bereits ausgefallen war, kamen wir sechs Züge später in Liberec an. Der Weg war gefüllt mit akademischer Vorbereitung, Schlaf, Bionachhilfe und einem kleinen Tanz.
Nach der Ankunft am Bahnhof in Liberec standen wir vor der Entscheidung, wie es weiter zum Hostel gehen sollte. Nach einer demokratischen Abstimmung haben wir uns letztendlich für das Laufen entschieden. Die 3,6 km wirkten auf den ersten Blick absolut machbar. Der Weg stellte sich aber als deutlich abenteuerlicher heraus, als erwartet. Zum einen bestand die Strecke hauptsächlich aus steilen Anstiegen. Zudem führten uns verschiedene Apps durch interessante Nachbarschaften, versuchten uns auf Baustellen und durch den dunklen Wald zu leiten. Kurz gesagt: Wir haben eine ganz besondere Seite von Liberec kennengelernt und haben gleichzeitig ein Ganzkörperworkout gemacht. Irgendwann haben wir es aber zum Hostel geschafft. Dort fielen wir müde und voller Vorfreude ins Bett.
Der Donnerstag war dann der erste offizielle EYP-Tag. Morgens hieß es: Alles zusammenpacken und zur EYP Unterkunft zum Einchecken. Dort haben wir Willkommens-Pakete, Ausweise und ein Sicherheitsbriefing bekommen. Kurze Zeit später kamen nach und nach auch die anderen Teilnehmer an und das offizielle Programm begann.

Alle Teilnehmer sind zusammen zu einem Park gefahren, um ein paar Spiele zu spielen und die Verantwortlichen kennenzulernen. Danach trennte sich die Gruppe und die Komitees fanden sich zusammen.
An diesem ersten Tag haben wir aber zunächst Kennenlernspiele und Teambuildingaktivitäten gemacht, um uns auch in den Komitees besser zu verstehen. Besonders wichtig war hier das Konflikt-Spiel. Grundsätzlich ging es darum, basierend auf einer Kurzgeschichte und einer Fragestellung, eine Gruppe von Menschen in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen. Dies war wichtig, da wir miteinander diskutierten und basierend darauf Regeln für die Diskussionen in den nächsten Tagen festlegten.
Abends hieß es dann umziehen und los zur Eröffnungszeremonie, denn der Dresscode war “formal”. Es wurden Reden gehalten und JustDance gespielt. Direkt im Anschluss fand das EuroVillage statt. Jede Delegation hatte im Voraus ein Land zugeteilt bekommen und musste Speisen aus diesem Land mitbringen. Das war eine tolle Möglichkeit die anderen kennenzulernen und gleichzeitig neue Dinge zu probieren.

Die Komiteearbeit und eine gute Zeit
Die nächsten Tage waren gefüllt mit “richtiger" Komitee Arbeit. Wir haben uns mit unserem Thema auseinandergesetzt.
Mein Komitee hieß SANT 1 (Subcomittee on Public Health), wir haben uns über Europas Position im Bezug auf Gesundheit und die Prävention und den Umgang mit (möglichen zukünftigen) Pandemien beschäftigt.
Dabei gingen wir fast immer gleich vor. Als erstes haben wir uns ausgetauscht, Ideen gesammelt und gebrainstormed. Alle Ansätze wurden auf Post-Its geschrieben. Das war wichtig, da wir so die Ideen sortieren konnten nach Themen, Relevanz, etc. Der beste Ort war hierfür meist der Fußboden.
Im nächsten Schritt haben wir dann genau da weitergemacht. Wir sind alle Ideen durchgegangen und haben geschaut, welche ähnliche Bereiche und Themen betreffen. Diese wurden dann als Gruppe unter Oberthemen zusammengesetzt.
Danach hieß es aussortieren, dabei sind wir ganz bestimmt vorgegangen: Die Ideen wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Entweder, die Idee ist gut so wie sie ist, sie ist gut aber braucht noch etwas Arbeit (diese werden dann überarbeit, um in die vorher genannte Gruppe zu rutschen) oder die Idee passt nicht. Besonders dieser Schritt ist mit viel Diskussion verbunden, da alle unterschiedliche Blickwinkel haben. Am Ende sollten wir zwischen Acht und Zehn Ideen übrig haben. Diese werden nun zu einzelnen Sätzen formuliert und es werden Belege gesucht, denn alles was wir benennen, muss begründet sein. Dafür haben wir uns in kleinere Gruppen eingeteilt und jede hat sich mit den Ideen der anderen befasst. Als letztes werden alle Sätze in der ganzen Gruppe durchgegangen. Dabei werden noch einmal alle kontrolliert und ggf. etwas umformuliert, bis alle einverstanden sind.
So entsteht Stück für Stück in zwei Tagen die Resolution.
Zwischendrin gab es kleine Pausen, die zum Unterhalten gut waren, es gab Essen und es wurde zusammen zu YMCA getanzt. Auch im Komitee haben wir hin und wieder kleinere Pausen gemacht, um zum Beispiel einige der Spiele zu wiederholen.
Dadurch waren die Tage zwar anspruchsvoll, aber nicht monoton.
Allerdings bestanden unsere Tage nicht nur aus Arbeit. Am zweiten Tag gab es abends kulturelles Programm. Wir konnten uns vorher für verschiedene Aktivitäten eintragen. Ich persönlich habe mir das North Bohemien Museum angeguckt und meine Gruppe hat dort eine exklusive Führung hinter die Kulissen bekommen.
Zudem gab es am gleichen Abend das Komitee-Dinner, wir sind mit unseren Komitees essen gegangen. Das war eine tolle Möglichkeit, um die anderen auch außerhalb der Arbeit besser kennenzulernen.
Am nächsten Tag gab es eine Penal Debatte (Podiumsdiskussion) für die Teilnehmer aus Tschechien und ein extra Programm für die anderen Teilnehmer (da die Debatte auf Tschechisch war).
Sonntag war der letzte Tag und somit GA-Tag. Insgesamt gab es zehn Komitees und somit zehn Resolutionen. Der Ablauf war immer der Gleiche:
Für jede Resolution war insgesamt ca. 45 Minuten genommen. Als erstes hält ein Delegierter des Komitees eine Einführungsrede (Proposition Speech, 3min), in der noch einmal der Grund für die Resolution genannt wird. Daraufhin dürfen sich zwei andere Delegierte in der Position Speech (1,5 Min) für oder gegen die Resolution aussprechen. Daraufhin darf das Komitee bis zu zwei Minuten lang antworten. Daraufhin gibt es die offene Debatte. Diese besteht aus drei Runden, in welcher je drei Fragen oder Anmerkungen von anderen Komitees genannt werden und das Komitee darauf spontan antworten muss. Am Ende hält das Komitee die sogenannte summation speech, in welcher die Position noch einmal zusammengefasst wird und die anderen zum Abstimmen dafür angeregt werden sollen. Danach wird abgestimmt, ob der Resolution zugestimmt wird.
Dies dauerte den ganzen Tag, es gibt aber immer wieder Pausen, in denen zum Beispiel auch Gruppen Fotos gemacht werden.
Wir mussten aber leider schon sehr früh gehen, um den Zug zurück nach Hause zu bekommen.

Fazit
Insgesamt war EYP eine super Erfahrung. Wir durften viel lernen, sind an unsere Grenzen gestoßen und das auf vielen Ebenen. Das besondere dabei war, dass es zwar viele “ernste” Aspekte und Momente gab, es aber gleichzeitig eine Gruppe Jugendlicher war, die zusammen die Zeit genossen haben. Wir haben viele tolle Leute kennengelernt, mit denen wir auch jetzt noch in Kontakt stehen. Gleichzeitig hatten wir die Chance, eine andere Kultur auf eine ganz besondere Weise zu erleben. Sehr interessant war hierbei auch der Einfluss Deutschlands auf Tschechien, besonders in Liberec, bzw. die Perspektiven, die die Tschechen auf Deutschland haben. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung und würde es sofort wieder machen.