Auf Spurensuche in der Gedenkstätte Bergen-Belsen
Im April 2022 fuhren die 9ten Klassen des Stadtgymnasiums in das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen in Niedersachsen. Dort lernten sie viel zum Thema „Kinder im Konzentrationslager“ und besichtigten das dortige Museum.
Am Montag, 04.04.2022, und am Dienstag, 05.04.2022, war die Jahrgangsstufe 9 in Bergen-Belsen, um das dortige, ehemalige KZ zu besichtigen. Die Busfahrt nach Bergen-Belsen dauerte etwa zweieinhalb Stunden. Die Gruppe traf um 10:30 Uhr in der Gedenkstätte ein.
Das Konzentrationslager liegt sehr ländlich neben einem Truppenübungsplatz mit einer Kaserne.
Dort angekommen wurden die Klassen in drei Gruppen eingeteilt mit drei Stationen: Die erste Gruppe befasste sich mit der Ausstellung über das Konzentrationslager, die zweite Gruppe mit dem Denkmal sowie dem Außen-Gelände und eine weitere Gruppe behandelte den Bahnhof mit der Rampe. Die drei Gruppen besichtigten diese Stationen parallel zueinander. Nachdem jeder Gruppe ein Raum zugeteilt wurde, gaben die Guides allgemeine Informationen über das KZ.
Die erste Station war ein Raum in der Gedenkstätte. Das Konzentrationslager diente ursprünglich als Unterkunft für Kriegsgefangene. Bis 1941 lebten dort 21.000 sowjetische Kriegsgefangene in Holzbaracken. Ab 1943 wurde das Kriegsgefangenenlager ein Konzentrationslager, allerdings kein normales. Das 55 ha große Gelände blieb ein Lager für die Kriegsgefangenen und dazu kamen mehrere Baracken. Unter anderem das Sternenlager, in das die Juden deportiert wurden. Dieses bezeichneten die Betreiber als „Austauschlager“. Deswegen besaß es als einziges Lager ein Lazarett. Das Austauschlager diente dazu, vor allem Juden, aber auch Kriegsgefangene verschiedener Länder, gegen deutsche Kriegsgefangene auszutauschen. Dementsprechend wurden die Inhaftierten auch „einigermaßen gut“ behandelt. Sie erhielten dreimal täglich etwas zu essen, morgens und abends Brot mit Aufstrich, mittags Eintopf.
Sie durften Gepäck mitbringen und ihre eigene Kleidung behalten. Ein besonders großer Unterschied zu anderen KZs war, dass sie mit ihren Familien zusammen leben konnten und nicht getrennt wurden.
Das Gebäude war mit Stacheldraht gesichert und das Gelände war von ca. 20 Wachtürmen umgeben, die mit Maschinengewehren und Scheinwerfern ausgerüstet waren. Die Aufgabe der Gefangenen war es, Lederschuhe auseinander zu nehmen, also das Leder von der Sohle zu trennen.
Da es anfangs nur ein Austauschlager war, besaß es zwar ein Krematorium, aber keine Gaskammern.
Im Dezember 1944 mussten die Nationalsozialisten das Konzentrationslager Auschwitz aufgeben. So wurde das KZ in Bergen-Belsen zu einem Auffanglager. Sehr viele Gefangene aus Auschwitz wurden nach Bergen-Belsen gebracht. Unter anderem Anne Frank und ihre Schwester (Anmerkung : Eine Gruppe bekam „Das Tagebuch der Anne Frank“ geschenkt. Dieses befindet sich jetzt zur Ausleihe im Selbstlernzentrum).
Damit veränderte es sich zu einem KZ wie jedes andere auch. Ab diesem Zeitpunkt gab es den Morgenappell. Alle Insassen mussten auf den Hof kommen, sich nackt ausziehen, Liegestütze machen und um die Baracken laufen. Wer vor dem Schlusspfiff aufgab, wurde erschossen. Außerdem mussten sie sich gerade hinstellen und lange warten. Auch hier galt: Die Schwachen, die nicht mehr durchhalten konnten, wurden „aussortiert“ und erschossen. Anschließend wurden sie dort einfach liegen gelassen. Der längste Morgenappell, bei dem alle starr stehen mussten, dauerte ganze 16 Stunde lang.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurden noch über 10.000 Menschen umgebracht. Die Nationalsozialisten hatten damit versucht, die Grausamkeit, die sie angerichtet hatten, zu vertuschen. So entstanden viele Massengräber. In dem größten Massengrab liegen 25.000 Menschen begraben. Insgesamt starben über 53.000 Menschen. Bis heute sind die Hälfe der Toten in den Massengräbern nicht identifiziert.
Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen die Gefangenen. Das Leid, was sie dort sahen, war unbeschreiblich. Sie mussten zusätzliche Massengräber schaffen, da zu viele tote Menschen unbeerdigt waren. Die Überlebenden, zum Teil schon fast tot und nur noch Haut und Knochen, wurden in die danebenliegende Kaserne gebracht und so gut es ging versorgt. Das KZ selber wurde von den Briten abgebrannt, um die Ausdehnung von Seuchen zu verhindern.
Die zweite Station war der 6.5 km entfernte Bahnhof oder auch Rampe genannt.
Heute ist dies ein Militärbahnhof. Hier befindet sich eine kleine Gedenkstätte für die Opfer.
In der Gedenkstätte wird der Transport der Gefangenen gezeigt. Am Rande des Bahnhofes steht ein Originalwagon, indem die Menschen transportiert wurden - es sind Viehwagons! In diesen Wagons wurden bis zu 150 Leute transportiert. Nur knapp 30% überlebten die Fahrt. Der Wagon besaß keine Fenster, Stühle oder Liegeplätze, nur etwas Stroh. Zwei Eimer wurden zur Verfügung gestellt, einer mit Wasser, der andere diente als Toilette. Wenn der Wassereimer leer war, gab es auf der ganzen Fahrt kein neues. Die längste Zugfahrt, die bekannt ist, dauerte 16 Tage und Nächte.
Die dritte Station befand sich in dem Dokumentationsgebäude. Das Museum zeigt alte Dokumente, Fotos, Kleidung und Interviews mit Zeitzeugen. Die unterteilten Gruppen wurden nochmals in Dreier- beziehungsweise Vierergruppen aufgeteilt.
Die Gruppenleitung hatte sich fünf Themen überlegt:
Das erste Thema war die Auseinandersetzung mit der Biographie Catherine Morgans, sie war ein KZ-Häftling. Sie erlebte einen der vielen Todesmärsche und erzählte in einem Interview darüber.
Als zweites Thema befasste sich eine Gruppe mit Naomi Rinnthal. Sie war damals ein jüdisches Kind aus Amsterdam, welches nach Bergen-Belsen deportiert wurde. Das Besondere an ihr war, dass sie und ihre Familie eine Austauschfamilie waren und deshalb anfangs anders behandelt wurden. An ihrem Beispiel sollte die Gruppe herausarbeiten, womit die Kinder sich im KZ beschäftigten und was ihre Aufgaben waren.
Das dritte Thema galt Yvonne Koch. Sie war damals ein 11-jähriges Kind im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Hier untersuchte die Gruppe das Sozialverhalten von Häftlingen untereinander und das Verhalten von Erwachsenen zu Kindern.
Als viertes Thema befasste sich die Gruppe mit Irma Grese. Sie arbeitete in Bergen-Belsen als Aufseherin und gehörte damit zu den Tätern. Beim Morgenappell dauerte es ihr zu lange darauf zu warten, dass jemand aufgab, sodass die Insassen sich bei ihr hinknien und einen schweren Stein in die Höhe halten mussten. Sie war eine der wenigen, die damals eindeutig überführt werden konnten und unmittelbar von dem Britischen Gericht verurteilt wurden. Hier sollte die Gruppe ausarbeiten, wieso sie die Taten begangen hatte.
Das fünfte Thema war der Epilog oder das Nachwort. Hier berichteten Zeitzeugen, was sie erlebt hatten und wie diese Dinge sie bis heute beeinflussen.
Die Ergebnisse präsentierten die einzelnen Gruppen vor ihren Mitschülern.
Zum Abschluss besichtigte die letzte Gruppe noch die Massengräber und die Gedenksäule. Leider nur sehr kurz, da das Wetter nicht mitspielen wollte. Um ca. 16:30 Uhr sind die Schüler nach Hause aufgebrochen und kamen schließlich um 19 Uhr am Stadtgymnasium an.
Vielen Dank an die begleitenden Lehrkräfte und das Team von Bergen-Belsen für einen informativen und lehrreichen Tag, welchen sie trotz schlechten Wetters sehr interessant gestalteten.
Svenja Dietzler